20. Mär 2023
Vereine können seit dem 21. März 2023 auch ohne Regelung in der Satzung hybride Mitgliederversammlungen einberufen. Zudem kann durch Beschluss der Mitglieder auch zu rein virtuellen Versammlungen einberufen werden, ohne dass es hierfür einer Satzungsgrundlage bedarf.
Der Bundestag hat einen geänderten Gesetzesentwurf des Bundesrates (Drs. 20/ 5585) am 9.02.2023 beschlossen. Er ist im Bundesgesetzblatt vom 20. März 2023 (BGBl. 2023 I, Nr. 72) veröffentlicht.
In § 32 BGB ist ein neuer Absatz 2 eingefügt worden. Dieser lautet: „Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“
Die während der Corona-Regelung geltenden Ausnahmeregelungen zu virtuellen Mitgliederversammlungen sind seit dem 1.9.2022 nicht mehr in Kraft, so dass es notwendig wurde, die Ermöglichung hybrider und digitaler Mitgliederversammlungen gesetzlich zu regeln.
Bitte beachten Sie, dass es keine Übergangsregelung gegeben hat. Zwischen dem 1.9.2023 und dem 20. März 2023 galten damit nicht die Corona-Regelungen, sondern die Regelungen vor Corona. Sollten Sie gleichwohl in dieser Zeit Beschlüsse in digitaler Form gefasst haben, ohne hierfür eine Satzungsgrundlage zu haben, so besteht die Gefahr, dass diese Beschlüsse unwirksam sind und erneut beschlossen werden müssen.
Regelungen vor Corona:
Bisher sahen die Regelungen des BGB vor, dass Beschlüsse eines Vereins grundsätzlich in einer Mitgliederversammlung gefasst wurden, die präsent zusammengekommen ist.
Regelungen während Corona:
Durch die Corona-Pandemie war es temporär gemäß § 5 Absatz 2 GesRuaCOVBekG Vereinen erlaubt, auch ohne entsprechende Satzungsgestaltung Mitgliederversammlungen und Sitzungen des Vorstands digital oder hybrid stattfinden zu lassen. Eine Satzungsregelung
oder die Zustimmung aller Mitglieder waren nicht nötig.
Regelungen nach Beschluss des Bundestags vom 9.2.2023:
Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht
Nach den neuen Regelungen in § 32 BGB bleibt es dabei, dass der Grundsatz eine präsente Versammlung ist. Vereine können in ihrer Satzung hybride oder virtuelle Mitgliederversammlungen ausschließen oder die virtuelle oder hybride Versammlung als vorrangig bestimmen.
Vorschlag Satzungsformulierung:
Ermöglichung digitale oder hybride Mitgliederversammlung:
(1) Die Mitgliederversammlung findet in der Regel einmal jährlich in der Form einer Präsenzveranstaltung statt.
(2) An Stelle einer Mitgliederversammlung nach Abs. 1 kann zu einer virtuellen oder hybriden Mitgliederversammlung einberufen werden. Die virtuelle oder hybride Mitgliederversammlung ist gegenüber der präsenten Mitgliederversammlung nach Abs. 1 nachrangig. Der Vorstand entscheidet hierüber nach seinem Ermessen und teilt dies den Mitgliedern in der Einladung mit. Virtuelle oder hybride Mitgliederversammlungen finden per Video oder Telefonkonferenz statt. Die Mitglieder erhalten hierfür rechtzeitig ein Passwort. Die sonstigen Bedingungen der
virtuellen oder hybriden Mitgliederversammlung richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Mitgliederversammlung. Eine rein virtuelle Mitgliederversammlung über die Auflösung des Vereins ist unzulässig.
Satzungsformulierung ohne hybride Mitgliederversammlung:
(1) Die Mitgliederversammlung findet ausschließlich in Präsenz statt.
(2) An Stelle einer Mitgliederversammlung nach Abs. 1 kann zu einer virtuellen Mitgliederversammlung einberufen werden. Eine hybride Mitgliederversammlung kann nicht einberufen werden. …
In § 32 Abs. 2 BGB neu ist nunmehr ausdrücklich geregelt, dass auch ohne Satzungsregelung hybride oder digitale Mitgliederversammlungen möglich sind, wonach den Vereinsmitgliedern die virtuelle Teilnahme an Mitgliederversammlungen und die virtuelle Ausübung anderer Mitgliederrechte ohne die physische Anwesenheit des Mitglieds in der Versammlung ermöglicht werden kann (sog. hybride Mitgliederversammlungen).
Durch die Einfügung des § 32 Absatz 2 Satz 2 BGB wird die Möglichkeit geschaffen, dass die Mitglieder das Einberufungsorgan auch zur Einberufung (rein) virtueller Versammlungen ermächtigen können. Da im Falle einer Durchführung von (rein) virtuellen Versammlungen
eine Teilnahme an der Versammlung in Präsenz für die Mitglieder ausgeschlossen ist, soll über die Möglichkeit der Durchführung (rein) virtueller Versammlungen nicht das Einberufungsorgan allein entscheiden können, sondern es bedarf hierfür der Ermächtigung durch die Mitglieder.
Eine Beschlussfassung außerhalb einer Mitgliederversammlung ist nach § 32 Absatz 3 BGB (= der alte Abs. 2) nur einstimmig möglich. Damit kann ohne Satzungsregelung eine rein virtuelle Mitgliederversammlung für die nächste Mitgliederversammlung zwar beschlossen werden, außerhalb einer Mitgliederversammlung aber nur mit Zustimmung aller Mitglieder.
Praxistipp ohne Satzungsregelung: Soll die nächste Mitgliederversammlung rein digital oder hybrid stattfinden, ohne dass die Satzung hierzu eine Aussage trifft, so muss dazu ein einstimmiger Beschluss der Mitglieder vorliegen. Andernfalls kann der Verein nur in der nächsten Mitgliederversammlung beschließen, dass die darauffolgende Mitgliederversammlung digital oder hybrid stattfinden soll. Es soll aber auch möglich sein, durch Beschluss der Mitgliederversammlung das Einberufungsorgan (in der Regel den Vorstand) dazu zu ermächtigen, alle künftigen
Versammlungen als virtuelle Versammlung einzuberufen. Dieser Beschluss kann wieder durch die Mitgliederversammlung zurückgenommen werden, wofür es dann eines neuen Beschlusses bedarf.
Des Weiteren sind die Regelungen auf Sitzungen von mehrköpfigen Vereinsvorständen und Stiftungsvorständen entsprechend anwendbar, das heißt auch diese können unter den in § 32 BGB genannten Voraussetzungen als hybride oder virtuelle Versammlungen durchgeführt
werden. Dies ist durch die Verweisung in § 28 bzw. §§ 84b BGB möglich. Nicht klar ist, ob diese Regelung auch für andere Vereinsorgane neben dem Vorstand Anwendung finden kann. Um Rechtssicherheit zu haben, sollte dies jedoch in der Satzung für die entsprechenden Organe geregelt werden.
Wie in den außer Kraft getretenen § 5 Absatz 2 GesRuaCOVBekG soll die Ausübung der Mitgliederrechte im Wege jedweder geeigneten elektronischen Kommunikation (z. B. Telefonkonferenz, „Chat“, Abstimmung per E-Mail) zugelassen werden können, nicht nur durch Bild- und Tonübertragung („Videokonferenztechnik“). Beachtet werden muss aber, dass bei der Einberufung einer hybriden oder virtuellen
Versammlung angegeben werden muss, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.